Obsorgeregelungen

Unter Obsorge versteht man die Rechte und Pflichten, die Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern haben. Diese Rechte und Pflichten umfassen:

  • Pflege und Erziehung des Kindes
  • Vermögensverwaltung
  • Gesetzliche Vertretung

Rechtliche Rahmenbedingungen:

Während aufrechter Ehe stehen die elterlichen Rechte und Pflichten beiden Elternteilen zu. Die Eltern sind gemeinsam mit der Obsorge betraut. Dabei kann jeder Elternteil das Kind allein vertreten. Nur besonders wichtige Angelegenheiten – wie z.B. Namensänderung, Änderung des Religionsbekenntnisses (§ 167 Abs 2 ABGB) ‑ bedürfen der ausdrücklichen Einwilligung beider Elternteile. Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass Eltern in aufrechter Ehe einvernehmlich vorgehen.

Im Falle des Todes eines Elternteils wird der andere mit der alleinigen Obsorge betraut, sofern das Wohl des Kindes dadurch nicht gefährdet ist.

Die Obsorge für ein uneheliches Kind hat allein die Mutter. Sie kann jedoch zusammen mit dem Vater des Kindes bei Gericht oder vor dem Standesamt gemeinsame Obsorge beantragen. Vor der/dem StandesbeamtIn müssen beide Elternteile persönlich erklären, dass sie mit der Obsorge betraut sein wollen. D.h. sie müssen gemeinsam anwesend sein. Diese Vereinbarung kann von jedem Elternteil und ohne Begründung innerhalb von acht Wochen widerrufen werden. Damit können überstürzte Entscheidungen korrigiert werden.

In Zusammenhang mit der Obsorge ist das „Kindeswohl“ von zentraler Bedeutung. Ist das Wohl des Kindes nicht gesichert, kann das Pflegschaftsgericht den Eltern beispielsweise die Obsorge ganz oder teilweise entziehen. Sofern keine Möglichkeit besteht, die Obsorge Verwandten oder anderen geeigneten Personen zu übertragen, wird das Jugendamt mit der Obsorge betraut.

Einvernehmliche Regelung nach Scheidung oder Trennung:

Wird eine Ehe geschieden oder leben die Eltern auf Dauer getrennt, so bleibt die gemeinsame Obsorge beider Eltern aufrecht. Eltern können jedoch auch eine andere Obsorgeregelung vereinbaren und dem Gericht vorlegen. Für eine einvernehmliche Scheidung ist eine Vereinbarung hinsichtlich Obsorge Voraussetzung. Folgende Möglichkeiten gibt es:

  • Gemeinsame Obsorge beider Elternteile
  • Gemeinsame Obsorge, aber Einschränkung der Obsorge eines Elternteils auf bestimmte Angelegenheiten (z.B. Vermögensverwaltung)
  • Alleinige Obsorge eines Elternteils

Legen die Eltern dem Gericht im Zuge einer Scheidung eine schriftliche Vereinbarung bezüglich Obsorgeregelung vor, so hat das Gericht diese zu genehmigen, vorausgesetzt sie entspricht dem Wohl des Kindes.

Im Falle der gemeinsamen Obsorge haben die Eltern zu vereinbaren, in wessen Haushalt das Kind hauptsächlich betreut werden soll.

Gerichtliche Regelung:

Können sich die Eltern nach einer Scheidung oder Trennung in der Frage der Obsorge nicht einigen, dann entscheidet das Gericht.

Das Gericht kann in Obsorge-Streitfällen – sofern es dem Kindeswohl entspricht – eine „Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung“ („Abkühlphase“) anordnen. Das heißt konkret: Die bisherige Obsorgeregelung bleibt für 6 Monate vorerst aufrecht. Die Details des Kontaktrechts (Besuchsrecht), die Pflege und Erziehung des Kindes sowie die Unterhaltsleistung müssen für die Phase allerdings geregelt werden (entweder zwischen den Elternteilen vereinbart oder – bei Uneinigkeit – vom Gericht festgelegt).

WICHTIG

Widerspricht eine „Abkühlphase“ dem Kindeswohl, weil z.B Gewalt im Spiel ist, dann darf sie vom Gericht nicht angeordnet werden. Das Gericht muss dann gleich über die Frage der Obsorge entscheiden.
In den 6 Monaten lebt das Kind bei einem Elternteil. Dem anderen Elternteil sind Kontaktzeiten (Besuchszeiten) einzuräumen. Auch die Pflege und Erziehung des Kindes soll diesem Elternteil möglich sein.

Nach Ablauf der 6 Monate entscheidet das Gericht endgültig über die Frage der Obsorge. Es kann dabei einen Elternteil alleine mit der Obsorge betrauen. Es kann aber beide gemeinsam mit der Obsorge betrauen, wenn es dem Kindeswohl entspricht und die Phase gezeigt hat, dass es funktionieren kann. Auch die Leistung des gesetzlichen Unterhalts wird bei der Entscheidung berücksichtigt.
Die Frist von 6 Monaten kann bei Bedarf vom Gericht auch verlängert werden.

Antragrecht auf Obsorge für ledige Väter:

Der ledige Vater kann die gemeinsame oder die alleinige Obsorge bei Gericht (auch gegen den Willen der Mutter) beantragen. Die Entscheidung liegt dann beim Gericht. Auch in diesem Fall hat das Gericht – sofern es dem Kindeswohl entspricht – eine „Abkühlphase“ anzuordnen. Das heißt, das Gericht entscheidet für sechs Monate über eine vorläufige Lösung. Die bisherige Obsorgeregelung bleibt vorerst aufrecht (die Mutter bleibt somit in dieser Zeit alleine mit der Obsorge betraut).
Nach den 6 Monaten kann das Gericht einen Elternteil alleine mit der Obsorge betrauen. Es kann aber auch beide gemeinsam mit der Obsorge betrauen, wenn es dem Kindeswohl entspricht.

WICHTIG

Kinderbeistand:

Seit 1. Juli 2010 besteht in hochstrittigen und für die betroffenen Kinder besonders belastenden Verfahren über die Obsorge und das Besuchsrecht für das Gericht die Möglichkeit, einen sogenannten Kinderbeistand zu bestellen. Der Kinderbeistand soll sich ausschließlich um die Anliegen und Wünsche der Minderjährigen (grundsätzlich bis zum Alter von 14 Jahren) in solchen Verfahren kümmern; er soll ihnen insbesondere als Ansprechperson zur Seite stehen und mit ihrem Einverständnis ihre Meinung dem Gericht gegenüber äußern. Darüber hinaus trifft den Kinderbeistand eine umfassende Verschwiegenheitspflicht.

Die Kosten des Kinderbeistands sind von den Parteien (im Regelfall werden dies die Eltern sein), jedoch niemals vom Kind, in Form einer pauschalierten Gerichtsgebühr zu zahlen, die sich nach der Verfahrensdauer bemisst, nicht nach den Arbeitsstunden des Kinderbeistands. Für die Parteien besteht die Möglichkeit, Verfahrenshilfe zur einstweiligen Befreiung von der Entrichtung dieser Gebühren zu erlangen.

Im Falle der alleinigen Obsorge eines Elternteils hat der andere Elternteil nicht nur ein Kontaktrecht (Besuchsrecht), sondern auch das Recht, von wichtigen Angelegenheiten informiert zu werden (z.B. Änderung des Namens, des Religionsbekenntnisses oder der Staatsbürgerschaft, Schulerfolg, Lösung eines Lehr-, Ausbildungs- oder Dienstvertrages). Der nicht obsorgeberechtigte Elternteil hat das Recht, sich dazu zu äußern.

Bei verheirateten, aber getrennt lebenden Paaren bedarf es eines Antrages, um die Obsorgeregelung gerichtlich zu ändern.

Alle Vereinbarungen über Aufenthalt und Obsorge des Kindes sind vom Pflegschaftsgericht zu genehmigen, das ist jenes Bezirksgericht, in dessen Sprengel das Kind wohnt.

Obsorgeregelungen sollten im Interesse der Kinder möglichst dauerhaft sein. Eltern sollten sich die Entscheidung daher gut überlegen und kompetenten Rat einholen.

Mitwirkung und Pflichten in „Patchwork- und Regenbogenfamilien“:

Jede Ehegattin/jeder Ehegatte muss ihrem Ehegatten/ihrer Ehegattin bei der Obsorge für dessen/deren Kinder in angemessener Weise beistehen. Soweit es die Umstände erfodern, vertritt sie/er ihn/sie auch in den Obsorgeangelegenheiten des täglichen Lebens.

Bringt daher eine Ehegattin/ein Ehegatte ein minderjähriges Kind mit in die Ehe, ist deren Ehegatte/dessen Ehegattin nunmehr gesetzlich verpflichtet, ihr/ihn bei deren/dessen elterlichen Pflichten zu unterstützen. Der Stiefelternteil muss dabei jedoch den ausdrücklichen oder mutmaßlichen Willen der Ehepartnerin/des Ehepartners befolgen

WICHTIG

Auch eine mit einem Elternteil und dessen minderjährigem Kind nicht nur vorübergehend im gemeinsamen Haushalt lebende volljährige Person zB Lebensgefährte/Lebensgefährtin, die in einem familiären Verhältnis zum Elternteil steht, hat alles den Umständen nach Zumutbare zu tun, um das Kindeswohl zu schützen. Soweit es die Umstände erfordern, vertritt diese den Elternteil auch in Obsorgeangelegenheiten des täglichen Lebens.

KONTAKT

 

In Zusammenhang mit Obsorgeregelungen ist es sinnvoll, sich von JuristInnen rechtlich beraten zu lassen, entweder in

  • Frauenberatungsstellen (siehe Adressenverzeichnis, Abschnitt: Frauenberatungsstellen und Treffpunkte) oder in
  • Familien- und Partnerberatungsstellen (welche Stellen es in Ihrer Wohnumgebung gibt, erfahren Sie im

Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend

Familienservice: 0800/240 262 (gebührenfrei)

http://www.familienberatung.gv.at/

Die Trennung der Eltern kann für Kinder emotional sehr belastend sein. Eine Hilfestellung in dieser Situation bieten spezielle Programme für Kinder, beispielsweise „Rainbows – Für Kinder in stürmischen Zeiten“ oder die „Leuchtturm-Gruppen“ der Volkshilfe Niederösterreich. Post- und Webadressen sowie Telefonnummern finden Sie im Adressenverzeichnis.